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Alltag eines Zivildieners - Teil 1

 

Alltag eines Zivildieners - Teil 1 gibt einen Einblick in die Tätigkeit in einer stationären Einrichtung.

Mein Arbeitstag in der Wohn- und Arbeitsgemeinschaft Algersdorfer Straße lief jeden Tag so ab:

Wenn ich meinen Dienst um 11:30 Uhr begann, galt es zuallererst, das angelieferte Essen aus der Schutzfolie zu packen. Im selben Zuge wurden die Metallbehälter den zwei Menüs (normal und vegetarisch) zugeordnet und dementsprechend in der Küche platziert. Der frisch gekochte Kaffee wurde von mir je zur Hälfte in zwei Behältnisse umgeschüttet und in den Speisesaal gestellt. Währenddessen kümmerte sich ein Angestellter darum, dass ein Bewohner, der nicht selbstständig Essen zu sich nehmen kann, etwas zwischen die Zähne bekam. 15 Minuten später, also um 11:45 Uhr, holte ich dann die vom Kopf abwärts gelähmte Bewohnerin und fuhr mit ihr vom Erdgeschoss hinauf zum Speisesaal. Anschließend richtete ich ihr etwas zu essen und fütterte sie.
Ab 12:00 Uhr stand ich dann vor der Ausgabeluke im Speisesaal. Von hier aus nahm ich die Bestellungen an (ich fragte jeden Bewohner einzeln, der noch nicht von einem Mitarbeiter im Küchenbereich angesprochen wurde, ob er eine Suppe haben möchte oder gleich die Hauptspeise. Ist die Vorspeise aufgegessen, gab ich auch die Bestellung für die Hauptspeise durch) und brachte den Bewohnern ihr Essen. Wer welches Menü bekommt, ist auf einer Liste vermerkt. Der Mitarbeiter im Küchenbereich kümmert sich darum, dass jeder Bewohner das Menü erhält, welches er bestellt hat. Die Liste für die Bestellungen wird immer eine Woche im Voraus im Speisesaal aufgelegt. Die Bewohner können ihre Essenswahl dort selbstständig tätigen.
Im laufenden Betrieb zählte es zu meinen Aufgaben, Essensreste zu entsorgen und benutztes Besteck in den Geschirrspüler zu räumen. Die Entsorgung des Essens lief folgendermaßen ab: Im linken der zwei Abwaschbecken platzierte ich ein großes Plastiksieb, in welches ich die Speisereste und Servietten entsorgte. Das Plastiksieb wurde nach dem Mittagessen in den Biomüllbehälter entleert. Das Unternehmen besitzt eine große, mobile Mülltrennungsstation (sie besteht aus drei Ebenen: in der untersten Ebene befinden sich zwei große Behältnisse für Altpapier und Restmüll. Darüber Kunststoff und Restmüll. Zuoberst liegen vier kleine Fächer für: Aluminium, Mischglas, zweimal Bioabfall.)

Nach den Bewohnern holen sich die Angestellten ihr Essen. Die Küche ist relativ klein, daher wartete ich immer, bis sie sich ihr Essen genommen hatten, bevor ich wieder die Küche betrat und meine Arbeit fortsetzte. Mittlerweile war auch schon wieder der Geschirrspüler voll. Ich startete ihn. Bis zu sechsmal wurde dieser während meiner Arbeitszeit von mir in Betrieb genommen. War das Besteck wieder sauber, oblag es mir, dieses zurückzuräumen. Als nächstes reinigte ich die Metallbehälter und deren Inhalt. Ich stellte sie zurück in die Liefervorrichtungen, bevor ich den Müll rausbrachte.
Je nachdem, wie voll die zwei Tretmülleimer waren (der eine steht zwischen Speisesaal und Küche, der zweite im WC im Erdgeschoss), nahm ich diese auch mit zur Entsorgung. Mit der großen Mülltrennungsstation fuhr ich in das Erdgeschoss, dabei benutzte ich den uralten Fahrstuhl. Sehr ärgerlich fand ich vor allem, dass man den Lift in das Erdgeschoss oder den ersten Stock schicken kann. Ruft man den Lift, muss man den Stock angeben, in den der Lift kommen soll. Bevor sich die Türen dann endlich schließen, sich der Lift in Bewegung setzt und man im Erdgeschoss ankommt, vergeht eine halbe Ewigkeit.
Die Entsorgung findet in zwei Bereichen statt. Im einen befinden sich Metall, Kunststoff, Glas und Restmüll. Im anderen: Papier, Biomüll und eine Tonne für Kunststoff. Während der erste Bereich sehr leicht zugänglich ist, muss man das kurze Stück zum zweiten Bereich eine sehr schlecht erhaltene Straße entlang. Eigentlich immer blieb die Mülltrennungsstation hier hängen, was mich stets einiges an Kraft und Nerven kostete, um sie wieder weiter zu bekommen. War ich dann endlich wieder zurück in der Küche, fand ich schon wieder etliche Teller und Gläser vor, die es in den Geschirrspüler zu räumen galt. Zuvor jedoch ersetzte ich die weggeworfenen Müllbeutel, säuberte die Mülltrennungsstation und brachte sie zurück in ihre Ausgangsposition.
Jetzt säuberte ich noch den Küchenbereich, die Brotschneidemaschine, gegebenenfalls auch das Backrohr, die Mikrowelle, das Handwaschbecken (zwischen Küche und Speisesaal), den Mülltreteimer und den Wasserspender, dann begann (nach meiner 30-minütigen Pause, von 14:00 bis 14:30 Uhr) das eigentliche Prozedere des Putzens.

Im Erdgeschoss, den langen Gang entlang, befindet sich die Putzkammer. Hier holte ich mir den Putzwagen, baute den Wischmob auf, füllte eine Flüssigkeit in den Wagen und nahm eine andere Flüssigkeit mit (die nur für die Gänge benutzt wird). Den Putzwagen noch mit Wasser befüllen und zurück im ersten Stock, begann ich in der Küche mit dem Putzen. Falls erforderlich, kehrte ich die Küche zuerst aus. Danach fuhr ich mit dem Putzwagen in den Speisesaal und das Prozedere begann von neuem.
Nun ging es zurück in das Erdgeschoss, wo ich zuerst das alte Wasser in das Klo entsorgte und neues Wasser in den Wagen einfüllte. Die spezielle Flüssigkeit und das Aufstellen der Warnschilder nicht vergessend, begannen eineinhalb Stunden, die ich ausschließlich am Putzen der Gänge war. Des Öfteren wurde meine Arbeit durch kleinere Hilfsdienste unterbrochen.
Von ganz hinten bei der Putzkammer arbeitete ich mich vor zum Haupteingang und von der Tür zum Garten, am Ende des Rundganges, zurück zum Haupteingang. Es gab kaum einen Tag, an dem ich mich nicht damit abfinden musste, dass einer der Bewohner mit seinem Rollstuhl durch das gerade Aufgewischte fuhr. Es gab nur einen Bewohner, der von sich aus über die Garage und den Haupteingang auswich. Die anderen fuhren unbehelligt ihres Weges. Ich fand das immer unmöglich, denn so wurde meine ganze Arbeit zunichte gemacht.
Bevor ich im ersten Stock ebenfalls im selben Muster mit dem Putzen begann, wischte ich noch den Fahrstuhl aus. Je nachdem, ob ich die Gänge noch aufkehren musste, war ich zwischen 16:00 und 17:00 Uhr mit dieser Arbeit fertig.

Erst jetzt konnte auch ich mich einmal auf einen Stuhl setzen und kurz verschnaufen. Interessanterweise wurde das jedoch nicht gerne gesehen. Und somit musste ich mich immer darauf einstellen, dass mich einer der Pfleger aufscheuchte, um mir irgendeine Arbeit zu geben. Dabei war ich bis zum Abendessen ohnehin dazu angehalten, der Glocke nachzugehen. Bei der Glocke, eigentlich dem Rufsystem, handelt es sich um eine zweiteilige Einrichtung. Die Basis ist in Dienstzimmer, Arbeitszimmer, der Küche und allen Wohnungen angebracht und beinhaltet ein Display sowie drei Buttons. Wurde die Einrichtung von einem Pfleger aktiviert, so wird am Display der erste abgegangene Ruf mit der Zimmernummer angezeigt, außerdem wird über der Tür des jeweiligen Bewohnerzimmers eine grüne Lampe aktiv. Die andere Einrichtung ist die Alarmfunktion, die von den Bewohnern dazu benutzt wird, um einen Ruf abzugeben. Auch hier beginnt bei abgegebenem Ruf eine Lampe vor der Tür zu brennen. Diese ist rot und erlischt, nachdem die Basis von einem Pfleger aktiviert wurde.
Zwischen 17:00 und 18:00 Uhr assistierte ich dem diensthabenden Pfleger bei einer sehr korpulenten Bewohnerin und dem Transfer auf das WC.

Um 18:00 Uhr, 30 Minuten vor dem Abendessen, zählte es zu meinen Aufgaben, einer Bewohnerin beim Aufdecken zu helfen. Gegebenenfalls musste ich bei der Vorbereitung des Abendessens mithelfen, oder diese Tätigkeit gänzlich alleine übernehmen. Gleich wie zum Mittag musste ich auch am Abend den Bewohnern ihr Essen bringen. Einem der zwei Bewohnern (manchmal auch beiden) musste ich beim Essen helfen. Dann musste ich das Geschirr ab- und ausräumen und die Küche säubern. Außerdem galt es auch noch die Tische zu reinigen und den Biomüll zu entsorgen. Wenn erforderlich, kehrte ich auch noch den Speisesaal aus. Zeitlich war ich von 18:30 Uhr oder früher, bis zumeist 19:00 Uhr mit dem Abendessen beschäftigt. Ich durfte nach getaner Arbeit ein Abendessen konsumieren. Die letzte Stunde ging für Reinigungs- und kleinere Arbeiten (Türen abschließen, der Glocke nachgehen, den Pflegern assistieren) drauf.
Um 20 Uhr dann war ich dazu angehalten, mich bei einem Pfleger „abzumelden“. Ich wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich zu einem diensthabenden Pflegepersonal gehen müsste, um dort dann die Erlaubnis für meinen (regulären) Dienstschluss einzuholen. Erst danach hatte ich endlich Feierabend.

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