Dieses Mal in „Einblicke in die Kulturwissenschaften“ geht es um die Erklärung und Definition des Begriffes Mythos und seines Äquivalentes dem Logos.
Im Lexikon wird der Begriff des Mythos erklärt als:
- überlieferte Legende, Sage, Erzählung aus der Vorzeit eines Volkes, (welches sich besonders mit Göttern, Dämonen, Entstehung der Welt, Erschaffung des Menschen befasst hat)
- Person, Sache, Begebenheit, die (aus meist irrationalen Vorstellungen heraus) glorifiziert wird, legendären Charakter hat. Politische Mythen, so zum Beispiel der Mythos vom Kampf der Kulturen
- falsche Vorstellung, „Ammenmärchen“, (welche Kinder unterhalten und durch Verängstigung zum Gehorsam erziehen sollten).
Der ungarische Philologe Karl Kerényi war der Ansicht, das der Mythos das Leben begründe, er Ursprung der Kultur sei und sich aus dem Unbewussten heraus formuliere. Der Mythos gab dem Menschen Antworten auf Fragen des Jenseits und bot ihm Handlungsanleitungen für das Leben im Diesseits an.
Dem französischen Literaturtheoretiker Jean-François Lyotard zufolge, vermittle der Mythos drei Kompetenzen: „Hören-Können, Sagen-Können, Machen-Können.“ Diese drei Kompetenzen sind miteinander verbunden, denn eine Person, welche zuhören kann, kann das gesagte auch vor ihrem geistigen Auge sehen und es selbst weitererzählen. Und während dem erzählen wird diese Person selbst zum Handelnden.
Dem Mythos entgegengesetzt ist der Logos, hierbei handelt es sich laut Lexikon um:
- menschliche Vernunft und Einsicht, die Äußerung von Gedanken in Form von Sprache und Rede, das logisches Urteil
- göttliche Vernunft, Weltvernunft. Für die Stoiker der griechischen Antike war Logos die Weltvernunft und wurde durch die Gesetzmäßigkeiten des Alls verkörpert, als unabwendbares Schicksal (Heimarmene, die Schicksalsgöttin).
- Offenbarung, Wille Gottes, „Im Christentum schließlich wird Logos zum Fleisch gewordenen Wort Gottes“, meint der österreichische Kulturwissenschafter Reinhard Kacianka.
Logos regelte das Zusammenleben der Menschen und das Entstehen von Hierarchien. Für Simone Weil, eine französische Philosophin des 20. Jahrhunderts, begann sich der Mensch mit dem Moment er erfolgreich in den Stürmen und gegen die Unwägbarkeiten der Evolution als Spezies durchgesetzt hatte, all jener Energie, mit welcher er seinen Arterhalt gewährleisten hatte können, gegen sich und seinesgleichen zu instrumentalisieren. Das Resultat hieraus ist nach Weil: Hierarchien, Machtstrukturen und: strukturelle Gewalt.
Der Mensch hat sich im Zeichen des Logos die Welt Untertan gemacht, jedoch unterwirft sich der Mensch auch dem Logos, meint Kacianka. Die beiden Philosophen Max Horkheimer und Theodor Adorno präzisieren dies: „Vor den Göttern besteht nur, wer sich ohne Rest unterwirft. Das Erwachen des Subjekts wird erkauft durch die Anerkennung der Macht als des Prinzips aller Beziehungen“. Aufklärung ist für Horkheimer und Adorno: „die radikal gewordene mythische Angst. Die reine Immanenz des Positivismus, ihr letztes Produkt, ist nichts anderes als ein gleichsam universales Tabu. Es darf überhaupt nichts mehr draußen sein, weil die bloße Vorstellung des Draußen die eigentliche Quelle der Angst ist.“
Das Bild, welches der Mensch von seiner Welt hat, wird zum „bloßen Zeichen“, welches sich beliebig reproduzieren und duplizieren lässt. Die „symbolische Verfügbarkeit über die Welt“ führt zu einem sich stabilisierenden Zirkelschluss, bei dem eine Schlussfolgerung aus sich selbst abgeleitet wird. Der Autor Michael Hohner beschreibt dieses Problem mit: „Die Bibel enthält die Wahrheit. Weil die Bibel das Wort Gottes ist. Sie ist das Wort Gottes, weil das in der Bibel steht“. Horkheimer und Adorno sehen im Zirkelschluss eine Gefahr, denn: „Denken verdinglicht sich zu einem selbständig ablaufenden, automatischen Prozess, der Maschine nacheifernd, die der Mensch selber hervorbringt, damit sie ihn schließlich ersetzen kann.“