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Kulturwissenschaften - Sinn und Sein

 

Dieses Mal in der Rubrik „Einblicke in die Kulturwissenschaften“ geht es um die Wurzeln und die kulturwissenschaftliche Bedeutung der Begriffe Sinn und Sein.

Das Bewusstwerden eines Jenseits und Diesseits stellte die Menschen vor viele offene Fragen. „Warum leben wir? Was erwartet uns im Jenseits? Wofür ist das Leben gut?“ Eine Antwort auf die wissbegierigen Fragen der Menschheit lieferte die Religion in Form von „Schablonen und Erklärungen“. Das Sinnangebot der Religion umfasste zugleich auch ein Modell von Leben, so wie es in den Augen der Religion sinnvollerweise gelebt werden sollte.

Etymologische Untersuchungen sehen die Wurzeln von „Sinn“ im Zusammenhang mit „Reise, Weg“ oder „eine Richtung nehmen, eine Fährte suchen“. Für die Philosophie bedeutet „Sinn“ den „Wert und die Bedeutung, die ein Erlebnis oder eine Sache für das Individuum, für mich oder andere hat. Zum Gegenstand der Forschung wird der Sinn eines Gegenstandes oder eines Geschehnisses unter der stillschweigenden Annahme eines Kollektiv-Subjektes gemacht (Volk, Kultur, Epoche oder dergleichen), das die Sinngebung jeweils vorgenommen hat beziehungsweise vornimmt“.

Noch vor der Religion beschäftigte sich die theoretische Philosophie in Form der Ontologie (Lehre vom Sein) mit den zwei Begriffen von Sinn und Sein. „Sein“ bedeutet zunächst „Dasein“, und meint die Existenz, das In-der-Welt-sein. Die Ontologie unterscheidet zwischen dem realen Sein (der Mensch ist tatsächlich in der Welt vorhanden) und dem idealen Sein (zeitloser Begriff, als Erfahrung wahrnehmbar, wie Werte oder Ideen). Sinn wiederum hebt den Menschen hervor und zwingt ihn aus der „Deckung“ zu kommen.

„Der Sinn der Welt muss außerhalb ihrer liegen. In der Welt ist alles wie es ist und geschieht alles wie es geschieht; es gibt in ihr keinen Wert“, meinte einst Ludwig Wittgenstein.

Der Mensch und das „anthropologische Problem“

Anthropologie, das ist die Wissenschaft vom Menschen. „Der Mensch denkt über sich nach, wenn die Lebenspraxis ihm Zeit oder Krisen Anlass geben. Er vergewissert sich seiner selbst im Blick auf die Umwelt, erhebt sich im Gedanken an seine Einzigartigkeit, sucht seine Menschlichkeit als Quelle von Moralität und Recht“, schreibt der deutsche Sprachwissenschafter Ludger Hoffmann.

Der österreichisch-israelische Religionsphilosoph Martin Buber unterteilt die Geschichte des menschlichen Verstandes in zwei Epochen. Er unterscheidet zwischen der Behaustheit und der Hauslosigkeit. „In der ersten gibt es den anthropologischen Gedanken (Gedanke von der Entwicklung des Menschen, Anm.) nur als Teil des kosmologischen, in der zweiten gewinnt der anthropologische Gedanke seine Tiefe und mit ihr seine Selbständigkeit“.

Der Mensch wird sich, nach Buber, zunehmend selbst zum (anthropologischen) Problem. Denn zum einen zerfallen „traditionelle Formen der menschlichen Gemeinsamkeit“, wie zum Beispiel die Familie. Zum anderen versagt der Mensch gegenüber der Technik, Wirtschaft und Politik. Maschinen, eigentlich dazu „erfunden, um den arbeitenden Menschen zu dienen, nahmen ihn in ihren Dienst; sie waren nicht mehr, wie die Werkzeuge, eine Verlängerung des menschlichen Arms, sondern der Mensch wurde zu ihrer Verlängerung“, meint der österreichische Kulturwissenschafter Reinhard Kacianka. Was die Wirtschaft anbelangt, so ist „die Produktion, ins Ungeheuerliche gesteigert um die wachsende Zahl der Menschen mit den Gegenständen ihres Bedarfs zu versehen, ist nicht zur vernünftigen Koordination gelangt (…) Produktion entwickelt Eigendynamik und entzieht sich – wie die so genannten ‚Gesetze des Marktes‘ – dem menschlichen Maß“.

Buber sieht den Menschen aufgerieben zwischen dem Individualismus, der es ermöglicht „seinen eigenen Weg zu gehen“ und dem Kollektivismus, in dem das Wohlergehen der Gesellschaft höchste Priorität einnimmt. Der Mensch fühlt sich rastlos, heimatlos und scheint isoliert inmitten der „tosenden Menschenwelt“ zu existieren, so Buber.

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