Neuseeland

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Das hügelige Dunedin

 

Bevor ich mir die Stadt Dunedin (spricht man „Deniden“ aus) ansehen würde, wollte ich noch das Umland erkunden. Meine Tour startete ich sehr früh nahe der Siedlung Karitane. Auf dem Staten Highway 1 fuhr ich nach Dunedin und dann nach einem Tankstopp weiter zum Port Chalmers.

Port Chalmers

Bekannt für diesen Ort und seinen großen Hafen sind die vielen Lastenkräne. Fährt man hinein in den Ort, dann sticht das Bild einer Mohnblume auf schwarzem Untergrund und die dahinter liegenden Ungetüme sofort ins Auge. Die gerade Straße endet abrupt an der Hafenzufahrt. Hinter den Schrankanlagen herrscht tagsüber geschäftiges Treiben. Im Sekundentakt werden große Schiffscontainer aufeinandergestapelt oder auf die dicken Containerschiffe aufgeladen. Auch Kreuzfahrtschiffe machen hier Halt. Treffenderweise gibt es direkt vor dem Hafeneingang das Schifffahrtsmuseum. Neben der Geschichte und Entstehung des Ports hat das kleine Museum auch etliche Ausstellungsstücke vorzuweisen.

Die Straße führt ganz nahe am Meer entlang, schlängelt sich in endlosen Windungen immer weiter hinaus zum Ziel der Reise. Die rund 25 Kilometer lange und nur knapp 3 Kilometer breite Bucht, der Otago Harbour, liegt gut geschützt vor Wind und Wellen. Heute war das Wasser fast spiegelglatt.

Der Otago-Hafen formte sich aus den versunkenen Überresten des riesigen Vulkans Dunedin, der sich in der Nähe des heutigen Port Chalmers befand. Vor etwa 10 Millionen Jahren erlosch der Schildvulkan, und über Millionen von Jahren erodierte sein ältester Teil so stark, dass dieser mit Meerwasser gefüllt wurde. Die noch sichtbaren Überreste des Vulkans bilden heute die Hügel, welche den Otago Harbour umschließen.

Aramoana

Zur Vormittagszeit erreichte ich mein Ziel: Die Siedlung Aramoana, was in der Sprache der Maori so viel heißt wie „Weg zum Meer“. Die Siedlung mit ihren 264 Einwohnern liegt an der Mündung des Otago-Hafens. Durch die natürliche Ausdehnung in Richtung Taiaroa Head (das ist die Spitze der Otago-Halbinsel) verengt die schmale Landzunge des Aramoana Spit den Eingang zur Bucht nach Dunedin und bildet ein von der Natur geschaffenes Tor zum Pazifik.

Der regenverhangene Himmel vom Vortag war dem strahlenden und warmen Sonnenschein gewichen. Nachdem ich mein Auto nahe dem Strand abgestellt hatte, machte ich mich auf, die Gegend zu erkunden.

Mein Blick schweifte die Straße entlang, dem rauschenden Meer entgegen. Ich erspähte die einen Kilometer lange Mole von Aramoana. Dieser künstliche Wellenbrecher wurde zwischen 1884 und 1930 errichtet, um die von der Strömung mitgetragenen Sedimente einzufangen und so die Mündung des Otago Harbours für große Frachtschiffe schiffbar zu halten. Und ich sah die Hügel der Halbinsel von Otago. Als ich weiterschritt, entdeckte ich plötzlich auch einen Sandstrand.

Ich spazierte entlang des Sandstrandes geradewegs auf die Otago-Halbinsel zu. Der Strand und das dahinter liegende Gebiet formen hier eine dünne Landzunge, die Aramoana Spit genannt wird. Ich war etwas verwundert, als ich feststellte, dass am Ende des Spits drei bewohnte Häuser lagen. Noch verwunderter war ich jedoch über die Straße, die auf der Rückseite des Spits wieder zurück zum Festland führte. Die Split Road glich mehr einem schmalen Sandstreifen als einer befahrbaren Straße, und ich war froh, dass gerade keine Flut war, denn dann wäre dieses Landstück mit Sicherheit unter Wasser gestanden. Den Strom erhielten die Bewohner auf ihrer abgeschiedenen Landzunge über hohe Holzmasten, von denen sich der ein oder andere schon gefährlich zur Seite neigte.

Als ich wieder zurück am sicheren Festland war, war es nun die endlos lange Mole, welche meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Schon von weitem konnte ich sehen und auch hören, wie die Wellen wild gegen die Steine schlugen. Mein Blick lag wie gebannt auf der ersten Welle, die schnell immer näher kam und meine Ankunft zu einer Nassen hätte werden können. Ich blieb für einige Zeit an einem der Steine sitzen und sah dem wilden Spektakel zu.

Nachdem ich nun schon einige Zeit den Wellen zugesehen hatte, ließ ich meinen Blick umherschweifen. Ganz versteckt, kaum sichtbar, sah ich an den steilen Felshängen eine Art Symbol. Sofort machte ich mich auf, um meiner Neugierde zu stillen und herauszufinden, was dieses Symbol darstellen könnte. Während ich zum westlichen Strand wanderte, hörte ich auf einmal komische Laute und plötzlich wanderte eine Robbe, die zuerst nach rechts, dann nach links blickte, über die Mole. Auf der anderen Seite angekommen, machte es sich die Robbe wieder gemütlich.

Ich spazierte über den Strand Richtung Westen. Und dann sah ich etwas, was von der Entfernung nicht zu sehen war: Es war ein Loch im freistehenden Felsen, das die Form und Konturen eines Herzens hatte. Der Felsen warf einen Schatten auf den Strand und durch die Öffnung wurde Licht herzförmig auf den Boden gestrahlt. Einige Leute hatten es sich im Schatten gemütlich gemacht.

Abenteuerlustig wie ich war, genügte es mir nicht, es mir hier gemütlich zu machen. Ich wollte mehr sehen. Ich wollte weiter die Gegend erkunden. Und so blieb mir letztlich nur eines: Die Schuhe und Socken ausziehen und vorbei an dem freistehenden Felsen durch das Meer auf die andere Seite zu waten. Dass sich meine Neugierde ausgezahlt hatte, merkte ich schnell.

Da es gestern geregnet hatte, konnte ich nun sehen, wie heute der Dampf in dichten Nebelschwaden in den Himmel aufstieg.
In der Ferne traf mein erster Blick den eines Felsens, der in das Meer hinausragte. Von der einen Seite war es bloß ein kaltes Stück Stein, doch von der anderen Seite aus betrachtet war es mir, als wäre es eine Art Maori-Sphinx.

Ich wanderte weiter, überquerte eine schmale Anhöhe und traf auf einen unberührten Strand. Etwa in der Mitte des Strandes floss von den steilen Felsklippen ein kleiner Wasserfall hinab. Als ich noch weiter wanderte, traf ich auf immer obskurere Felsformationen und Schieferplatten, die interessante Muster formten. Das Ende meiner Wanderung kam, als ich eine Robbe gestört hätte. Ich entschloss mich umzudrehen und gemütlich wieder zurück zum Ausgangspunkt meiner Abenteuerreise zu schlendern.

Fahrt nach Dunedin

Was ich unbedingt nachholen wollte, bevor ich nach Dunedin kommen würde, war die Fahrt über den Mount Cargill. Um über diesen fahren zu können und einen ersten Willkommensblick in der Früh auf Dunedin zu haben, musste ich wieder zurück in den Norden. So verbrachte ich einen Tag im Ort Karitane.

Karitane kann mit seiner landschaftlichen Schönheit, dem goldenen Strand und seiner maorischen und europäischen Geschichte aufwarten. Es war der Standort eines unverteidigten Maori-Dorfes, bevor in den 1820er Jahren europäische Robben- und Walfänger eine Walfangstation einrichteten. Auf seiner Halbinsel, der Huriawa Peninsula, liegt das ehemals befestigte Maori-Dorf und ein Wanderweg erzählt über die einst hier lebenden Maori, deren Helden und Götter und die Lebensweise von damals.

Früh morgens startete ich meine Tour nach Dunedin. Entlang der kurvenreichen Straße kam ich der Stadt immer näher. Und dann ging es auch schon auf die Mount Cargill Route, wo mich ein interessanter Blick auf Dunedin erwartete.

Mit 676 Metern über dem Meer dominiert der Mount Cargill das nördliche Ende von Dunedin und bietet eine hervorragende Aussicht über die ganze Region. Über die Entstehung des Berges gibt es eine Legende des Otakou-Stammes, die besagt, dass die drei Gipfelpunkte des Mount Cargill der versteinerte Kopf, der Körper und die Füße einer Prinzessin seien. Tatsächlich ist der Berg ein Überbleibsel einer massiven Vulkanstruktur, dem Vulkan Dunedin.

Dunedin

Einst war sie die größte Stadt Neuseelands. Groß geworden durch die Goldfunde in der Region Otago entwickelt sich hier ein Zentrum für Universitätsbildung sowie wissenschaftliche und medizinische Forschung. Und auch die erste Tageszeitung Neuseelands entstand hier zuerst.

Gegründet wurde Dunedin 1848 durch schottische Einwanderer. Der Name leitet sich von der gälischen Form der Stadt Edinburgh (Dùn Èideann) ab und bedeutet „Festung am Hügelhang“. Als Erkundungsleiter und Stadtplaner der New Zealand Company erreichte Charles Kettle drei Jahre vor der Grundsteinlegung von Dunedin den Otago Harbour. Kettle machte sich an die Arbeit, zuerst Port Chalmers und später New Edinburgh, das heutige Dunedin, zu planen. Als Struktur für die Stadtentwicklung und Straßenführung legte Kettle das heute so markante Oktagon in das Herz der zukünftigen Stadt.

Bestand die Stadt auch 10 Jahre nach ihrer Grundsteinlegung noch aus weniger als 2.000 Einwohnern, so stieg mit dem Goldrausch in den 1860er Jahren die Einwohnerzahl auf fast 15.000 und verdreifachte sich noch einmal zwischen damals und 1881. Die Stadt blühte auf und investierte in Bildung, Religion und öffentliche Arbeiten. 1900 florierte Dunedin durch den Goldhandel. Banken und andere Finanzinstitute entstanden südlich des Oktagons. Dunedin war national und international hoch angesehen. Die Schulen und Universitäten der Stadt waren die besten Neuseelands, und die jüdischen, libanesischen und chinesischen Gemeinschaften gaben dem wirtschaftlichen und öffentlichen Leben der Stadt einen ganz besonderen Touch.

In einer Bauwelle wurden das Gericht, der Hauptbahnhof und die anglikanische Kathedrale St. Paul errichtet. Nach dem Ende des Goldgräberbooms hatte Dunedins Hinterland eine überwiegend ländliche Wirtschaft. Es war das führende Wollvermarktungszentrum der Südinsel. Heute baut die Wirtschaft der Stadt auf ihre Wolle und auf spezialisierte Unternehmen in der Schuhproduktion, Schokoladenherstellung sowie Weiß- und Gefrierwarenherstellung.

Ebenfalls eine Besonderheit in der Stadt sind ihre steilen Straßen. Kaum verwunderlich, dass die steilste Straße der Welt (laut Guinness-Buch der Rekorde) ebenfalls in Dunedin liegt. Die Baldwin Street hat eine Länge von 350 Metern und eine Steigung von 35%. Aufgrund der extremen Neigung wurde die Straße aus Beton und nicht aus Asphalt gebaut, denn Asphalt würde an heißen Tagen schmelzen und die Straße hinabrutschen.
Jährlich findet der „Baldwin Street Gutbuster“ statt, bei dem eine große Anzahl an Athleten und Familien am Lauf auf die Spitze der Straße und wieder zurück teilnehmen.

Benannt ist die Straße nach William Baldwin, welcher die ursprüngliche Unterteilung der Stadt durchführte, Provinzialrat von Otago war und 1873 die Tageszeitung „Otago Guardian“ gründete.

Während die Ufer des Otago Harbour aus einer großen Hafenanlagen nach der anderen bestehen, zieht sich über den ganzen Süden der Stadt ein unverbauter Sandstrand.

Das Dunedin eine kalte Stadt ist, hatte ich gehört, und dementsprechend vorgesorgt. In einem nahe gelegenen Einkaufsgeschäft hatte ich mir eine dicke Decke besorgt. Damit ließen sich die Nächte sehr gut in meinem Fahrzeug aushalten. Und als die Sonne am Strand von Dunedin unterging, war es mir, als würde ich in einem riesigen Lichtermeer baden. Die ganze Stadt leuchtete in einem goldenen Schein.

Otago Peninsula

Am heutigen Morgen war es mein Ziel, die Halbinsel von Dunedin zu erkunden. Es war ein schöner Tag, der begann, aber er wurde sehr windig. Schon in der Nacht hatte ein Sturm die Halbinsel getroffen und zu einigen Straßensperren geführt. Ich entschloss mich, nicht über die Straße am Meer, sondern über die Hügelkette zu fahren.

Um zum Taiaroa Head, dem Kap vor der Einfahrt in den Otago-Hafen zu kommen, gibt es zwei mögliche Wege. Die eine Straße (Portobello Road) schlängelt sich direkt am Meer entlang und wurde im 19. Jahrhundert mit der Hilfe von Gefangenen errichtet, darunter auch Maori, die aus Parihaka (Nordinsel, Region Taranaki) hierher deportiert worden sind. Die zweite Straße (Highcliff Road) folgt dem Kamm der Hügelkette und führt vorbei am Soldatendenkmal „Otago Trooper's Memorial“, welches einen einzigartigen Ausblick über die ganze Region erlaubt. Auf der Hügelkette, über den Abzweig auf die Camp Road erreichbar, befindet sich auch das Larnach Castle. Das imposante Schloss gilt als eine regionale Sehenswürdigkeit und soll auf jeden Fall einen Besuch wert sein. Ich selbst konnte es wegen einer Straßensperre leider nicht besuchen, und einen Umweg wollte ich deswegen auch nicht einlegen.

Am Eingang des Otago Harbours befindet sich das Kap mit dem Namen Taiaroa Head. Der hierauf erbaute Leuchtturm stammt aus dem Jahr 1865 und ist heute vollständig automatisiert. Ebenfalls befindet sich hier die Befestigungsanlage Fort Taiaroa, die zur Abwehr möglicher ausländischer Invasionen errichtet wurde. Der Taiaroa Head ist eine Brutstätte für Königsalbatrosse, und es gibt ein Pinguinreservat an der See zugewandten Seite des Kaps.

Gesättigt von den vielen Eindrücken machte ich mich am späten Nachmittag wieder auf den Weg zurück nach Dunedin, wo ich den Abend am Strand ausklingen ließ…

 

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