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Nachhaltigkeit und Verantwortung

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In puncto nachhaltiges Denken und Handeln sind Unternehmen als Produzenten und Dienstleister, die Politik als Kontroll- und Regulierungsinstitution sowie die Bürger als Verbraucher und Bezieher von Dienstleistungen und Produkten gleichermaßen gefordert, sich über die Auswirkungen ihrer Verhaltensweisen und Aktionen Gedanken zu machen. Dabei steht besonders die Ethik des Wirtschaftens stets im Spannungsfeld eines Nachhaltigkeits-Gleichgewichts, was insbesondere von der Wirtschaft eine hohe Verantwortung abverlangt und zugleich neue Chancen bietet.

Betrachten wir den Begriff der Nachhaltigkeit, so lässt sich festhalten, dass dieser durch eine Vielzahl an Unschärfen und Uneindeutigkeiten geprägt ist. Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffs ist bis heute nicht vorhanden. Tatsächlich existieren in der Fachliteratur über 70 unterschiedliche Auslegungen zu eben diesem Begriff der Nachhaltigkeit. Ebenso hat der Begriff auch eine lange und ereignisreiche Entwicklung hinter sich: Von den ersten Nachhaltigkeitskonzepten bis hin zur Agenda 2030 und deren Ziele für nachhaltige Entwicklung.

Entwicklung der Nachhaltigkeitskonzepte

Die ersten Konzepte für eine nachhaltige Entwicklung lassen sich bei Naturvölkern finden, die bereits vor Jahrtausenden im Einklang mit der sie umgebenden Natur lebten und das Ökosystem nicht durch übermäßige Ausbeutung überforderten. In der Zeit bis zum Beginn der Moderne sind in Europa frühe Nachhaltigkeitsansätze dort entstanden, wo Bewohner mit den wahrnehmbaren Folgen eines Raubbaus von Naturgütern in Kontakt kamen. So ist es auch zu erklären, dass etwa die strategischen Konzepte der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft bereits im Jahr 1144 durch die Forstverordnung des Klosters Mauermünster im Elsass (Deutschland) ihren Einzug hielten. Die damals formulierten Grundsätze zielten darauf ab, dass in einem Wirtschaftszeitraum nicht mehr Holz geschlagen werden darf, als im gleichen Zeitraum nachwachsen kann. Im 19. Jahrhundert wurde dieser Grundsatz in andere Wirtschaftszweige, etwa in die Fischerei, übernommen und fand über die nationalen Grenzen hinweg Anwendung.

industrialisierungKinderarbeit und Ausbeutung im 20. Jahrhundert.

Mit der zunehmenden Industrialisierung wurde Nachhaltigkeit zu einem Bestandteil gesellschaftlicher und politischer Diskurse. So zeigte die viel beachtete Studie über die „Grenzen des Wachstums“ im Jahr 1972 auf, dass ein unkontrolliertes wirtschaftliches Wachstum und der hiermit in Verbindung stehende Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu einem Zusammenbruch der sozialen und wirtschaftlichen Systeme führen könne. Eine Vielzahl an Studien und internationalen Beratungen beschäftigten sich in der Folgezeit mit den Zusammenhängen zwischen Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung, Bevölkerungswachstum, Armut sowie Produktions- und Lebensstilen in Entwicklungs- und Industrieländern.

Mit den „Sustainable Development“ (dt. nachhaltigen Entwicklung) wurde 1980 ein Begriff geschaffen, welcher eine Entwicklung beschreibt, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne dabei die Möglichkeiten künftiger Generationen, in der Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse, zu gefährden.


 

Die Prinzipien der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit umschließt noch weitere Aspekte: So sollte etwa mit „(Öko)-Effizienz“ der Versuch unternommen werden, durch technologische Innovationen eine Verringerung von Ressourcen in der Produktion zu erreichen. Und im Bereich der „Konsistenz“ gilt es, einen Umstieg in der Verbrauchs- und Produktionsweise zu initiieren, indem etwa kompostierbare Materialien anstatt von Plastikverpackungen verwendet werden oder der Einsatz von regenerativen Energiequellen für die Energiegewinnung anstatt von fossilen Brennstoffen. Doch auch die „Suffizienz“, also dass grundsätzlich weniger konsumiert und produziert werden soll, ist Teil der Nachhaltigkeit.

nachhaltigkeitDas Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung.

Dimensionen der Nachhaltigkeit

Gerade die wechselseitige Abhängigkeit und Beeinflussung zwischen den drei Dimensionen (der Umwelt, des Sozialen und der Wirtschaft) wirft verschiedene Problemstellungen auf:

Die Dimension der sozialen Nachhaltigkeit rückt den Menschen in den Mittelpunkt: Das Individuum soll in der Lage sein, sich innerhalb der Gesellschaft frei entfalten und entwickeln zu können. Aufgabe des Staates muss es sein, für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu sorgen, etwa durch die Sicherung der sozialen Stabilität und der Sicherung des Gesundheits- und Bildungssystems.

Im Fokus der ökologischen Nachhaltigkeitsdimension steht der rücksichtsvolle und vorausschauende Umgang mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen. Schäden am Ökosystem sollen vermieden werden, etwa indem nur so viele nicht-erneuerbare Rohstoffe gefördert werden sollen, wie durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden können, oder indem Emissionen so gering gehalten werden wie möglich. Gleichzeitig geht es in dieser Dimension auch um die Gesundheit der Menschen und den Verzicht auf gesundheitsschädliche Stoffe.

Und im Blickpunkt der ökonomischen Nachhaltigkeitsdimension steht nicht mehr die kurzfristige und ausbeuterische Gewinnmaximierung im Zentrum des wirtschaftlichen Erfolgs, sondern langfristige Ziele und Perspektiven, etwa der faire Handel oder die Erhöhung der Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter. Strittig scheint nur, ob wirtschaftliche Interessen stets dem Credo „ökologische Bedingungen nicht ausbeuten und gefährden“ folgen müssen oder ob es zwingend eine starke Wirtschaftsleistung braucht, damit neue Lösungen entwickelt werden können, um soziale und ökologische Missstände zu beseitigen.

Auch wenn die drei Dimensionen gleichrangig in Beziehung zueinander stehen, lässt sich im „Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung“ je nach Betrachtungspunkt ein Ungleichgewicht herstellen: Wirtschaft und Gesellschaft sollten sich nur an den Kapazitäten der Umwelt ausrichten, könnten Umweltverbände argumentieren, während Industrieverbände betonen könnten, dass Umweltschutz nicht zu Lasten des Wirtschaftswachstums gehen dürfe. Daher ist dieses Modell auch damit konfrontiert, sich selbst ad absurdum zu führen.


 

Die Verantwortung von Unternehmen

Angestoßen durch die Diskussion darüber, welchen Beitrag ein Unternehmen über die gesetzlichen Forderungen hinausgehend zur nachhaltigen Entwicklung übernehmen sollte, etablierten sich drei Konzepte, die jedoch nicht einheitlich geregelt sind.

LXO 2710Corporate Social Responsibility (CSR).

Die „Corporate Social Responsibility“ (CSR) beschreibt die Verantwortung eines Unternehmens für dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft und stellt damit die staatliche Forderung dar. „Corporate Citizenship“ (CC) meint das gesellschaftliche Engagement eines Unternehmens, etwa dessen Spenden- und Sponsoringmaßnahmen oder den Einsatz für gemeinnützige Zwecke. Und mit „Corporate Sustainability“ (CS) wird das unternehmerische Handeln verstanden, welches langfristige und nachhaltige Strategien verfolgt.

Sich für Nachhaltigkeit einzusetzen, bedeutet für ein Unternehmen zunächst Reputation aufzubauen. Denn für viele Konsumenten ist dies ein konsumbeeinflussender Aspekt, der auch zu einer stärkeren Kundenbindung beitragen kann. Zudem kann die gesteigerte Reputation auch die Attraktivität des Unternehmens für potenzielle Mitarbeiter erhöhen und die Motivation sowie Zufriedenheit der Belegschaft steigern. Und ganz generell ergibt sich durch das nachhaltige Wirtschaften ein Kostensenkungspotenzial, etwa durch Einsparungen oder Effizienzsteigerungen.

Der Weg in die Gegenwart – Von den MDGs zu den SDGs

Durch die erhöhte Relevanz der Nachhaltigkeit auf zivilgesellschaftlicher Ebene und der Frage danach, welche Verantwortungsrolle Unternehmen und der Staat ausüben sollten, wurden gesetzliche Bestimmungen erlassen, die ihren Wirkungsgrad nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene entfalten und eine Zusammenarbeit zwischen Staaten initiieren sollten.

In der 55. Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2000 in New York (USA) beschlossen die 189 aktuellen Mitgliedsstaaten der UN eine Erklärung, welche die globalen Herausforderungen für das 21. Jahrhundert benannten und in vier Handlungsfelder unterteilten:

  • Frieden, Sicherheit und Abrüstung
  • Entwicklung und Armutsbekämpfung
  • Schutz der gemeinsamen Umwelt
  • Menschenrechte, Demokratie und gute Regierungsführung

Aus dieser sogenannten Millenniumserklärung wurden acht Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) mit 18 Unterzielen und 48 Indikatoren konkretisiert, die bis zum Jahr 2015 erfüllt werden sollten und deren Umsetzung sowie Überwachung durch die Vereinten Nationen erfolgte. Zu den gesteckten Zielen zählten unter anderem die Halbierung der weltweiten Armut und die Senkung der Kindersterblichkeit. Schon an der Zielsetzung lässt sich ableiten, dass die MDGs fast ausschließlich nur für Entwicklungsländer Gültigkeit fanden.

Und so zeigte sich spätestens an der Konferenz der Vereinten Nationen 2002 in Rio de Janeiro (Brasilien), dass die geplanten oder umgesetzten Maßnahmenpakete, etwa die „Agenda 21“ (das Aktionsprogramm, welches 1992 in Rio de Janeiro beschlossen wurde), auf ein Spannungsfeld zwischen ökologischen und sozialen Fragen entlang des Nord-Süd-Gefälles trafen. Während die Industriestaaten sich überwiegend mit den Fragen des Umweltschutzes beschäftigten, wurden die Entwicklungsländer mit sozialen Fragen konfrontiert.

Die SDGs

Aufbauend auf den Millenniums-Zielen und den Nachhaltigkeitsprinzipien der Rio+20 Konferenz im Jahr 2012 beschlossen 2015 die 193 Nationen der UN am Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in New York (USA) einstimmig neue Entwicklungsziele, die nun für alle Staaten eine hohe Relevanz haben sollten. Die „Agenda 2030“ mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) trat am 1. Jänner 2016 in Kraft und hat eine Laufzeit bis 2030. Die SDGs bestehen aus 17 Zielen und 169 Zielvorgaben.

sdgs17 deDie 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung.

Für alle Staaten weltweit bilden die Zielvorgaben einen gemeinsamen Bezugsrahmen für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten, die auf den drei Säulen „Umwelt, Mensch und Wirtschaft“ ruhen. Im Zentrum steht eine breite und mehrdimensionale Auffassung vom Wohlbefinden der Menschen sowie ein möglichst ausbalanciertes Bild der ökonomischen, sozialen und umweltrelevanten Aspekte der Nachhaltigkeit. Daher umfassen die SDGs eine große und komplexe Bandbreite an Themen wie etwa das nachhaltige Wachstum, die Beseitigung von Armut und Hunger, ein ausgereiftes Wassermanagement oder die Gender-Gerechtigkeit.

Die Kernbotschaft der Agenda 2030 bilden die 5 Prinzipien:

  • Menschen: Armut und Hunger sollen in allen Formen und Dimensionen ein Ende finden, und Menschen sollen sich in Gleichheit sowie gesunder Umwelt voll entfalten können.
  • Planet: Durch nachhaltigen Konsum, Produktion und Bewirtschaftung soll der Planet vor Schädigung geschützt werden.
  • Wohlstand: Alle Menschen sollen ein von Wohlstand geprägtes und erfülltes Leben genießen können, und der wirtschaftliche, soziale und technische Fortschritt soll in Harmonie mit der Natur vollzogen werden.
  • Frieden: Für die nachhaltige Entwicklung ist die Sicherstellung einer friedlichen, gerechten und inklusiven Gesellschaft unerlässlich.
  • Partnerschaft: Für die Nachhaltigkeit soll eine globale Partnerschaft mobilisiert werden, die auf einer verstärkten globalen Solidarität fußt und auf die Bedürfnisse der Schwächeren und Ärmeren ausgerichtet sein soll.

Die erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 mit ihren ambitionierten 17 Hauptzielen benötigt einen globalen Schulterschluss zwischen staatlichen Stellen, NGOs, der Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Doch schon die kleinsten Schritte entfalten eine große Wirkung.

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